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Während die Anderen arbeiten.

Es fiept leicht und es schmeckt anders. Und wenn man niest, muss man weinen. 150 Patienten waren heute in ihrer Praxis, erzählt Frau Sommer. Welch ein amüsanter Name bei 150 Menschen mit schlechtem Immunsystem mitten im Februar. Ich war auch da. Hatte ja sonst nichts zu tun. Highlights an Tagen wie diesen, zum Arzt gehen, was erleben. Ansonsten jeden Tag das Gleiche. Aufwachen, sich zum Nasenspray rüberrollen, sanft ein paar Stöße rechts und links und auf Erlösung warten. Nach dem Griff zur Brille frühstücken. Eine Ibuprofen, eine Gelomyrtol, Zink und zum Trinken Ingwer-Zitrone mit Honig. Superfood eben. Und dann der Gang zum Arzt. Der morgendliche Arzttermin zur Vitamin-C-Infusion ist quasi wie der Gang zum Yoga. Viele Menschen auf engem Raum und alle warten darauf sich danach besser zu fühlen. Aber eben nicht immer gibt es auch einen Kurs, oder einen Termin. Dann muss man selber für mehr Wohlbefinden sorgen. Nicht für Gutes, sondern für überhaupt ein Wohlbefinden. Es ist ja alles spiegelverkehrt. Während die Anderen arbeiten hat man Freizeit, oder wie die die arbeiten sagen würden: Freiheit. Freiheit, die man selber nicht schätzt. Freizeit, die sich darin ergiesst sich nach dem Lesen, Gucken, Stricken, Schreiben, Sinnieren und Baden mit anderen Dingen beschäftigen zu müssen. Sich die Sanduhr stellen zu müssen, damit die Zeit vergeht. Während die Anderen arbeiten sortiert man Kassenzettel für die Steuerunterlagen. Während die Anderen arbeiten kocht man traditionelle Rezepte aus der Corrèze in Zentralfrankreich. Während die Anderen arbeiten, denkt man darüber nach wie die Anderen arbeiten, während sie arbeiten. Während die Anderen arbeiten repariert man das KFZ-Ladekabel für den Zigarettenanzünder mit Heißkleber. Während die Anderen arbeiten verarztet man sich selber, wenn man sich dabei verbrannt hat. Während die Anderen arbeiten liked, shared, retweeted, herzt und kommentiert man sogar was die Anderen machen, während sie arbeiten. Und dann sind wir ja eigentlich auch wieder da wo wir hingehören an so einem Dienstag.

Zu den Anderen auf die Arbeit.

 

Was Oscar schon wusste

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Es gibt sie, diese wildfremden Menschen in Bahnen oder Flugzeugen, die einem Gutes wollen. Die eigentlich nichts wollen, sondern einfach machen. Die gut sehen können, heimliche Beobachter, unscheinbar und scheinbar im Moment. Manche von Ihnen tragen noch nicht beschriebene Schreibhefte mit Oscar Wilde Zitaten mit sich herum. Blanke Seiten, die genau dann beschrieben werden, wenn sie es dringend müssen. Von einem Anderen, in einem magischen Raum-Zeit-Kontinuum. So wie heute.

Auf einem Flug zwischen München und Köln.

Weise

König Salomon hatte einen Lieblingsring, auf dem eingraviert war: „Alles vergeht“. Immer wenn er traurig oder wütend war, sah er drauf und es ging ihm besser. Einmal war er aber so verzweifelt, dass er den Ring abnahm und auf den Boden schmiss. Da sah er, dass auch die Innenseite graviert war. Er hob den Ring auf und las:

„Auch das.“

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Das war die letzte Buchempfehlung, an die ich mich erinnern kann. Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand. Seitdem haben wir uns nie wieder über Bücher unterhalten. Und auch den Rotwein im Hauseingang haben wir noch nicht getrunken. Neue Bücher,  darüber können wir noch sinieren, den Rotwein im Hauseingang werden wir leider nicht mehr trinken. Sehr wahrscheinlich nicht. Darf man als schwer Krebskranker, so kurz vor dem Tod, überhaupt Rotwein trinken? Scheiß drauf, du kotzt doch eh wieder alles aus, richtig? Krebs. Krebs ist ekelig, Krebs ist einfach da, Krebs geht nicht weg, er gehört zu dir. Der Krebs ist Teil deines Körpers, nimmt dich ein und zwingt dich zu Boden. Deiner wollte vorher mit dir tanzen. Er wollte seine Kostüme in dir ausprobieren, hat sich ständig in neue Gewänder geworfen. Und er ist treu. Er haftet, lässt sich nicht abknibbeln oder abrubbeln. Er haftet. Als hätte er Angst zu gehen. Als müsste er seine Art erhalten und Nachkommen zeugen, die diese neue Welt Körper besiedeln. Du bist die Welt. Und du wirst immer mehr zu ihr. Und die Nachkommen mit dir eins. Dabei willst du auf deiner eigenen Welt noch wild rumlaufen, dich in Hauseingänge setzen, Rotwein aus Flaschen trinken und über neue, gute Bücher sinieren. Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.

Nimm das Buch bitte mit!

Mit Vladimir Karaleev im Garten

Vladimir Karaleev – bekannt ist der Bulgare als Modedesigner. Mit 19 Jahren ist er nach Berlin gezogen, um dort Mode zu studieren. 2006 hat er sein eigenes Label gegründet. Seitdem präsentiert er seine zeitgenössische Modekunst jede Saison auf der Fashion Week in Berlin. Auch diesen Sommer, im Garten des Kronprinzenpalais. Ich habe dort mit ihm eine Stunde vor seiner Show über seine Mode, seinen digitalen Alltag und über die Wichtigkeit von Modebloggern gesprochen.

 

Vladimir Karaleev – du hast Letztens gesagt: Räume inspirieren dich. Wie sehr inspiriert dich als Modedesigner der Raum Internet?

 

Na ja, das Internet ist mittlerweile einfach ein riesiges Wohnzimmer geworden. Man steht morgens auf, checkt seine E-Mails – im Internet, dann checkt man vielleicht Facebook, guckt nach Nachrichten und gerät immer weiter hinein. Das ist so, als wenn man ins Wohnzimmer geht. So empfinde ich das jetzt so spontan.

 

Wie würdest du deine aktuelle Kollektion, wenn du sie im Netz mit Schlagwörtern taggen müssten, beschreiben?

 

Oh das, das ist natürlich sehr schwierig. Ich finde es immer schwierig meine Kollektion zu erklären. Ich arbeite sehr visuell und ich kann mich mehr mit Mode ausdrücken, als mit Worten.  Vielleicht kommt das, wenn wir unsere Moodboards fertig stellen, dann muss man den Prozess ein bisschen transformieren und anderen Leuten dann erklären, was wir genau im Studio machen. Aber diese Kollektion ist eine Zusammenmischung aus Abendmode und Strand, auf eine futuristische Art und Weise. Also so kann ich das so ganz kurz beschreiben. Also es ist… ja, siehst du, das sind jetzt keine Schlagwörter mehr. Ich versuche zu beschreiben. Texte werden auch immer interpretiert. Jeder Text ist einfach eine Interpretation. Wenn ich jetzt Surfwear sage, dann stellt man sich immer die 90er vor. Wenn ich aber jetzt sage wir haben auch ziemlich viele Seidenstoffe, dann ist das wieder etwas ganz anderes. Man braucht ziemlich viel Beschreibung und ist dann man manchmal sehr verwirrt.

 

Wie sieht das mit Strukturen und Farbgebungen in der neuen Kollektion aus?

 

Also Texturen spielen eine ganz große Rolle. Wir spielen stark mit unterschiedlichen Stoffqualitäten, die unterschiedliche Strukturen haben und unterschiedliche Transparenz. Das ist irgendwie sehr schön und das ist ein sehr wichtiger Aspekt für mich.

 

(guckt aufs Handy)

 

Guck gerne eben aufs Handy – nicht dass dein Bruder sich hierhin verfährt.

 

Ja, danke. Ich hab ihm gesagt, er soll mit dem Fahrrad kommen und nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln! Das geht in Berlin besser.

 

Was glaubst du, wie wichtig ist das Internet für die Modewelt?

 

Ich würde sagen, sehr, sehr wichtig. Also man informiert sich über Mode oft übers Internet. Es gibt Livestreams von Shows,  man muss nicht einmal da sein, das Internet hat das alles sehr demokratisiert und globalisiert. Also ich würde sagen eine Modenschau ist eine Art Fachveranstaltung, wo nur geladene Gäste… wie heisst das… da sein…

 

(Er kramt in seinem deutschen Vokabular)

 

…eingeladen sind.

 

Ja, genau. Das ist normalerweise eine geschlossene Veranstaltung. Und jetzt kann man eben die Shows, die man normalerweise nicht sehen kann sogar als Erster gleich mit im Livestream gucken und genau in dem Moment auch mitbekommen. Das hat sich schon alles sehr, sehr geändert natürlich.

 

Wie wichtig ist das Netz denn für deine eigene Mode? Du hast ja auch eine Internetseite mit Onlineshop und ein Vladimir Karaleev Facebookprofil.

 

Ja natürlich, das Netz ist auch sehr wichtig für mich. Über die Social Media Kanäle kommuniziert man, die Leute nehmen teil daran. Das meinte ich eben, Mode ist nicht mehr unnahbar. Das ist es irgendwie. Die gibt es nicht mehr nur in teuren Magazinen zu kaufen. Jeder hat Zugriff, auf Bilder und auf Informationen. Mode ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft und das hängt natürlich mit vielen Komponenten zusammen, ja.

 

Hier von der Fashionweek wird nach deiner Show oder schon währenddessen ne Menge über deine Kollektion geblockt. Liest du eigentlich selber Modeblogs?

 

(zögert) Also lesen… ich gucke mir gerne Bilder an! Vor Allem, wenn die Shows schon vorbei sind, dann gucke ich mir gerne die ganzen Showbilder an. Auch momentan in der intensiven Phase, wo ich zum Beispiel gestern auch ein paar Shows verpasst habe, die ich mir anschauen wollte. Dann guck ich die mir natürlich gleich online an. Ich interessiere mich einfach sehr für Mode. Ich hab jetzt keinen Ort im Internet, an dem ich regelmäßig bin, aber ich surfe einfach oder klicke drauf, wenn mir jemand einen Link oder eine Nachricht schickt „Schau mal, das ist irgendwie toll“. Ab und zu gucke ich auch auf verschiedenen Modeblogs oder, wo ich nach einer Show immer bin, ist style.com. Die sind sehr übersichtlich und immer sehr schnell mit den Bildern. Also ich bin viel im Internet unterwegs.

 

Wie wichtig sind denn Modeblogger für dich? Vor Allem in den letzten Jahren kommen ja nicht nur Journalisten, sondern auch viele Modebloger zu den Shows der Designer. Spielen die für die Verbreitung deiner Mode eine Rolle?

 

Dann tun sie auf jeden Fall. Wenn ich mir unsere Fanseite anschaue, wie viel neue Likes wir bekommen, oder einfach wie über meine Entwürfe gesprochen wird – ja die Modeblogs sind ein sehr interessantes und hilfreiches Tool, um die Popularität der Marke zusätzlich zu steigern.

 

Wie sieht deine perfekte virtuelle Frontrow aus, wenn du sie dir zusammenstellen könntest?

 

(lacht) Oh, oh, das kann ich glaube ich nicht wirklich sagen. Vielleicht einfach die wichtigsten Modeblogs, die Onlinemagazine der großen Magazine. Und eigentlich ist das auch schon so – ich hab die schon, wenn ich das so sagen darf. Ich freu mich, dass die guten Magazine, die Onlinemagazine auch immer sofort nachdem die Show vorbei ist berichten, das heisst sie waren da!

 

Gibt es denn jemanden, eine Person, eine Muse, die du gerne Mal zu einer deiner Shows einladen würdest?

 

Also ich bin jetzt nicht wirklich auf Personen fixiert. Ich freu mich natürlich, wenn sich jemand für meine Mode interessiert. Aber ich würde das jetzt nicht überexponieren, dass jemand bei mir war. Die Leute sollen es mögen. Also wenn es jemand wirklich mag, was ich tue, dann freue ich mich. Ich bin aber kein Fan von bezahlter PR. Ich hab kein Problem damit, das funktioniert für andere Marken auch ganz gut – das verstehe ich auch, aber das ist glaube irgendwie ich nichts für mich.

 

Was machst du nach einer Show – heute zum Beispiel?

 

Ja das ist total komisch. Die Show dauert 10 Minuten… (guckt in den Himmel, es sollte Regen geben)

 

Das Wetter ist noch gut…

 

Das Wetter ist noch gut, ja? (lächelt erleichtert) Gut.

Also, das ist irgendwie komisch, weil der Alltag einfach weiter geht. Das ist irgendwie wirklich… man sammelt in diesen Monaten so viel! Dann die Vorbereitung, dann 10 Minuten Show und dann ist wieder alles gut. Das ist irgendwie ein seltsames Gefühl, aber auch befriedigend auf eine Art und Weise.

 

Und wie geht’s dir jetzt hier im Garten, mit noch gutem Wetter und einer Stunde vor der Show?

 

Man kann nix ändern! Die Kollektion steht da und alles sieht gut aus. Ich glaube, man muss dann einfach die Momente vor der Show geniessen!

 

 

Ich blogge, also bin ich.

Was würde René Descartes dazu sagen, wenn wir seinen philosophischen Grundsatz auf diese Art und Weise modernisieren würden. Ist “Ich blogge, also bin ich” die 2014er Variante vom 1641 erdachten “Ich denke, also bin ich”? Um zu denken, muss man sein. Um zu bloggen, muss man auch sein. Das, was mir manchmal bei Gebloggtem fehlt, ist das Denken. Und wenn Bloggen nichts mehr mit denken zu tun hat, dann sprechen ich von den Blogs, die ich nicht lese, weshalb ich sie auch nicht benennen kann. Trotzdem schlittert man manchmal unweigerlich dran vorbei. An gebloggtem Blabla, am Bloggen um des Geltungswillens Blogger zu sein. Es wird nicht weniger. Überall ploppen täglich neue Blogs auf, das Internet is voll davon. Und so wie sich jeder, der schon mal einen beliebigen Text veröffentlicht hat, Journalist nennen darf, so ist es auch mit den Bloggern. Ich habe ein WordPress-Template. Blogger! Ähnlich war es kürzlich auch bei mir. Ich hatte ein WordPress-Template. Und eine Domain. Ihr würdet sagen, ich bin Bloggerin. Ich sage, ich schreibe Gedanken ins Netz, die mich beschäftigen und veröffentliche sie. Über diese Dinge kann man grübeln, diskutieren, sie für gut oder schlecht befinden. Zumindest versuche es 2014 auch noch à la Descartes:

Ich blogge, also denke ich!

Letzter Montag

Fashionweek

Oben links die geliebte graue Jogginghose, daneben die schwarze Fläche – ein langer Rock, unten links der Kurze, darauf das Tuch, dass ich entweder um den Hals oder als Kopftuch getragen haben und wiederrum daneben das Tanktop ist neu. Was mit Farbe, ganz untypisch. In der Mitte das für mich wichtigste Utensil der letzten Woche, mein Mikrofon und ein Aufnahmegerät.

Es war Fashionweek in Berlin!

Ich fahre da immer wieder gern hin. Ich liebe Mode, lasse mich wahnsinnig gern von Neuem inspirieren und treffe sehr gern ebenso interessierte Menschen. Damit meine ich nicht die, die sich für genau diese halten, sondern die, die sich wirklich interessieren. Von den Anderen habe ich letzte Woche wieder viel zu viele gesehen, zum Glück aus der Ferne – wobei man Ferne frei definieren darf. Einige der interessierten Menschen möchte ich Euch gern vorstellen. Allen voran meine Herzensfreundin Caecilia Pohl, die auf der einen Seite für die Taschen von www.viereckedrei.de verantwortlich ist und Mode an der Hochschule Weißensee studiert. Wir zwei haben uns vor langer Zeit in Frankreich kennengelernt, in Toulouse. Sie: Erasmusstudentin – ich glaube mich dunkel zu erinnern, dass es Romanistik war, ich: Journalismusstipendiatin des DFI. Wir haben gemeinsam das kulturelle Leben in Toulouse erforscht. Viel Theater, Kino, Besuche in Museen, in den Pyrenäen. Heute machen wir das alles bis auf die Pyrenäen in Berlin und Köln, geblieben ist eine tolle Freundschaft.

seefashion

Letzten Montag hat die Hochschule Weißensee als Auftakt für die Fashionweek diesen Sommer ihre Semesterarbeiten gezeigt. Caecilia natürlich auch. Sie studiert dort seit mittlerweile 2 Jahren.

Wie ihr auf dem Foto sehen könnt, war die seeFASHION eine unangestrengte, unkonventionelle Fashionshow, mit Freunden, Familie und auch nur einigen,  zumindest für diesen Abend, hauptberuflichen Journalisten.

Auch ich war ja eigentlich privat da, auf der Gästeliste von meiner Freundin.  Trotzdem habe ich mich dazu entschieden, etwas über diesen Abend zu schreiben. Ich finde, dass man gerade Leute, die noch nicht, aber sehr wahsrcheinlich irgendwann in Zukunft die großen Runways bespielen, unterstützen muss.

Geschriebenes über großen Shows von Michael Michalsky oder Kilian Kerner findet man im Netz en masse.

Regen

Trotz heftigem Platzregen ham die Modestudenten die seeFASHION durchgezogen. Draussen konnte zwar niemand mehr sitzen, weil wirklich alles unter Wasser stand, drinnen war es dann um so muckeliger. Ich war trotzdem froh, dass ich einen Platz hatte und nicht stehen musste.Foto 1 Foto 2 Foto 3

Wenn ich ehrlich bin, habe ich Caecilias Outfits verpasst, beziehungsweise an mir vorbeilaufen sehen. Nicht übersehen, sondern “mitgesehen” vielleicht. Jeder Student hat eins bis drei Outfits kreiert, Vorgabe war ein Outfit habe ich mir später von Caecilia erzählen lassen. Sei selbst hat drei gemacht, die sie mir Tage später dann in Ruhe in einer kleinen Nachpräsentation gezeigt hat.

Für zwei der drei Stücke bin ich definitiv zu klein. Ein grüner-weißer Overall – ärmellos, ein Kleid aus oranger Seide mit Aufdruck und ein zweites Kleid, kurz, weiß, auch mit Druck in schwarz. Mit Druck ist kein Siebdruck gemeint, hier ist gedruckt, gebügelt. Heiss gemachte Vogelgitter aus Plastik – aus dem Baumarkt, auf den Stoffstücken zu einem Verbund gebügelt. Schichtweise, mal allein und großflächig wie auf dem Overall. Das grün ist hier übrigens das Vogelgitter. So entsteht eine Art verzogenes Pixelmuster, eine Glitch-Optik, die mancher Gamer sehr wahrscheinlich aus einigen seiner Spielen kennt. Ein Glitch stört, ist verzogen, flirrt, flimmert und flackert auf. Dass das auf Stoff ebenso funktioniert wie digital, sieht man gut am weißen kurzen Kleid mit dem schwarzen draufgebügeltem Gitter, weil der Stoff durchlässig und nicht blickdicht ist.

Aber da ich leider nur “mitgesehen” habe, zudem in der zweiten Reihe saß und in dem Moment, als Caecilias Outfits den Laufsteg überquerten, nach meinem Weinglas am Boden griff, gibt es von diesen drei Outfits nun leider keine Fotos. Ich muss Euch vertrösten, gelobe Nachlieferung und hoffe ich auf ein weiteres Weinglas Verständnis eurerseits.

Analog und unterwegs

Zugfahrt Berlin-Köln, Boardbistro. Was Maike wohl macht?! Handy, Kalender-App. Wie lange sind wir jetzt schon „echte“ Freunde? Solche, die sich nur Quality-time gönnen? Zwei Wochen, drei Wochen? Die Rechnung vom Italiener, bei dem wir vor dieser ungefähren Zeit unsere analoge Freundschaft beschlossen haben, ist bei Maike im Portemonaie. Heisst, bevor ich das rausfinde, habe ich Maike längst wieder getroffen. Normalerweise würde ich jetzt kurz ne SMS schicken und fragen. What’s App hat bei uns eh nie wirklich funktioniert. Aber SMS gibt es 1996 noch nicht, zumindest nicht bei uns. Weder Maike, noch ich hatten damals ein Handy. Meine erste SMS habe ich erst drei Jahre später geschrieben. Empfänger: Katrin oder Fabrice. Beste Freundin oder erster Freund. Ich wollte unbedingt ein Alcatel One Touch Easy haben, in gelb, Fabrice hatte das. Bekommen habe ich ein Nokia 5110 mit gelber Wechselschale. Bessere Technik, hat Papa gesagt. Die SMS von damals sind immer noch auf dem Telefon, beziehungsweise auf dem Telefon und auf einer analogen Festplatte gesichert. Ganz ohne Kabel übertragen, aufgeschrieben in einem Buch. Ein cremefarbenes Bastbuch. Das hat Zeit gekostet. Quality-time. SMS übertragen und den Tag im Briefbuch skizzieren. Ersteres war eigentlich völliger Quatsch, aber der Drang danach Geschriebenes auch wirklich zu erhalten war größer. Ich hatte der Technik damals trotz Papa nicht vertraut. Es war doch wichtig, was Freunde sms-ten! Das musste man festhalten! Heute vertraue ich der Technik auch nicht, trotzdem schreibe ich meine SMSse,  What’s App, Twitter oder Facebook-Nachrichten nicht mehr in ein Buch. Ich sichere sie noch nicht einmal auf einer externen Festplatte. Diese Nachrichten, wie sehr ich mich auch über jede Einzelne freue, sind keine kleinen Briefe mehr, sie sind kurze Information, Zeitvertreib, Kurzemotionen, Langeweile oder Teilhabe. Kurzemotion plus kurze Information aus dem Zug wollte ich eben auch Maike senden. Nein. Wir sind analoge Freunde. Noch 2 Stunden 30 zu fahren. Dann: Klingeln und Quality-time.

Meine analoge Freundin

Es ist 1996, meine Freundin ist weg und bräunt sich in der Südsee. Sehen konnte man das auf Facebook oder Instagram damals nicht. Wenn es dort schön war, im Sommerurlaub mit den Eltern, musste man den Sätzen auf der Postkarte glauben, die bei einem Südseeurlaub meist erst 3 Wochen nach dem Urlaub ankam und auf der häufig nur der Satz „Hier ist es sehr schön, die Sonne scheint, mehr zu Hause“ stand. Dann hat man sich nach dem Urlaub persönlich getroffen. Dafür hat die analoge Freundin natürlich zu Hause auf dem Festnetz angerufen. 02191… und dann?! Telefonnummern von Freunden, beziehungsweise von den Eltern der Freunde, kannte man 1996 auswendig. Tatsächlich! Ja, man konnte in „Notfällen“ gegebenenfalls sogar auch von unterwegs aus einer Telefonzelle anrufen. Ich hab das öfter gemacht, ich hatte öfter solche Notfälle und immer Kleingeld dabei. Telefoniert habe ich dann mit Freundinnen, die noch nicht zum verabredeten Termin da waren, mit Jungs (zusammen mit Freundinnen, die pünktlich kamen), auch an Gewinnspielen im Fernsehen habe ich so teilgenommen. Damals als es noch die Sendung Jeopardy gab und Frank Elstner 10 handsignierte Backstreet Boys CD’s verloste. Schon bevor die Nummer eingeblendet wurde, stand ich nicht weit von zu Hause in einer Telefonzelle am Remscheider Hauptbahnhof. Mama hat währenddessen mit einer Freundin telefoniert. Luxuriöser war’s natürlich, wenn Mama nicht telefonierte oder Papa nicht im Internet war, dann konnte man einfach im eigenen Zimmer telefonieren. Natürlich nur bis Papa wieder ins Netz musste oder ein Fax ankam. Für Papa oder für einen selber, Mama hat nie Faxe bekommen. An mich adressierte Faxe kamen meist von meiner analogen besten Freundin oder meinem Freund. Ich habe heute noch einen dicken Ordner mit Thermopapier von Katrin und Fabrice im Keller. Verblichen natürlich, fast unlesbar. Manchmal kam ich von der Schule nach Hause und der halbe Flur war hübsch zugedeckt mit Texten, wahlweise von einem der Beiden. Meinen Vater das hat viele Faxpapierrollen gekostet, mich viel Zeit zurückzuschreiben. Zeit, die wir zwar heute auch noch hätten, freischaufeln könnten, es aber nicht machen. Es geht ja mittlerweile schneller und direkter. Wann habt ihr einer Freundin von euch zuletzt einen Brief geschrieben? Eine Postkarte aus dem Urlaub geschickt? Einen Zettel an die Hautür geklebt? Ans Auto? Ins Fach auf der Arbeit gelegt? Wann habt ihr zuletzt einfach so bei einer Freundin geklingelt, ohne zu wissen, dass sie da ist? Hhm, genau. Man schickt Whats App Nachrichten, verlinkt jemanden bei Facebook, bindet die Freundin auf Twitter ein oder telefoniert mit ihr während man auf dem Weg ist andere Dinge zu tun. Ich war nie eines des Mädchen, die abends „Telefonzeit“ mit ihren Girls hatte, aber ich habe Faxe geschrieben, Postkarten, Briefe, hatte zeitweise mit 14 sogar ein Briefbuch und habe mich in der Schule für nach der Schule verabredet und diese Verabredung auch eingehalten. Das alles will ich zurück! Meine analoge Freundin und ich haben uns letzte Woche nach zwei Gläsern Wein beim Italiener gefragt, ob wir Zwei das heute noch hinbekommen würden. Wie wäre das, sich gegenseitig in allen Social Media Kanälen zu löschen und wieder analog befreundet zu sein – ohne Fax, es sei denn wir sind beide zur gleichen Zeit auf Besuch bei unseren Eltern und Papa ist nicht online. Würde das klappen? Würde unsere Freundschaft darunter leiden? Wie schwer würde es uns fallen zu kommunizieren und zu treffen und auszutauschen? Und vor Allem: Wie lange halten wir das aus? Ob unser Experiment tatsächlich funktioniert, das wissen wir noch nicht, aber wir sind gerade dabei es zu erfahren. Wir arbeiten zusammen, nicht regelmäßig, wir haben keine festen Terminpläne, sehen uns dort also auch nicht regelmäßig. Wir sind fast Nachbarinnen, jedoch in unterschiedlichen Straßen mit unterschiedlichen Büdchen an denen wir unseren Kaffee kaufen, aber zumindest wohnen wir im gleichen Viertel. Und wir wissen wo unser Auto steht, beziehungsweise in meinem Fall die Vespa. Trotzdem ist das Einzige, was ich noch von ihr habe ein Zettel des italienischen Restaurants in dem wir saßen, mit ihrer Nummer drauf.

Maike: 0171…, für den „Notfall“.

Katze erwacht.

Man hat es kaum für möglich gehalten, aber die katzeaushack is aus ihrer komatösen Abwesenheit erwacht. Sie ist wohlauf, ihr geht es sehr gut, sie hat weder Schrammen, noch ist sie weggelaufen. Sie hat sich zwar nicht abgemeldet und auch nicht Bescheid gegeben wohin sie geht, aber das sind wir von Katzen ja gewöhnt. Plötzlich steht sie schnurrend vor der Tür und möchte beschäftigt werden. Ich lasse sie kurz bei Euch und gehe Futter kaufen, ok?!

 

simonscat